Montag, 16. Dezember 2013

Der Krieg ums Nashorn und Elfenbein



30.000 tote Elefanten, 668 tote Nashörner, 80 tote Wildhüter: Das ist nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF die traurige Bilanz des vergangenen Jahres. “Elfenbein und Nashorn stehen heutzutage auf einer Stufe mit Blutdiamanten, über deren Erlöse sich auch Terrorzellen und Rebellengruppen finanzieren können”, schreibt der WWF. Auf den globalen Schwarzmärkten kostet Nashorn mehr als Gold oder Kokain. Ob als Schmuck getragen oder als Arznei verwendet, der Preis für das illegal gehandelte Horn ist mit 20.000 bis 60.000 US-Dollar pro Kilogramm enorm. Nach Schätzungen von Naturschutzgruppen wie dem WWF und den afrikanischen Behörden setzen die Händler jedes Jahr zwischen 8 und 19 Milliarden Dollar um.

Schwer bewaffnete Wilderer, schlecht ausgerüstete Ranger

Das Vorgehen der Wilderer wird dabei zunehmend brutaler. Die kriminellen Strukturen sind mafiös und die Tiere sind ihren Peinigern beinahe schutzlos ausgeliefert. Die Jagdmethoden reichen von Betäubungspfeilen über Bolzen aus einer Armbrust bis hin zu Großkaliber- und Sturmgewehren. Einmal zur Strecke gebracht entfernen Wilderer mit Macheten oder sogar Kettensägen den zum Teil noch lebenden Tieren Stoßzähne und Hörner. Die Wildhüter kommen oft zu spät. Zwischen den Kadavern der Tiere deuten nur noch Patronenhülsen und Zigarettenkippen auf das blutige Werk der Wilderer hin. Im Hwange Nationalpark in Simbabwe vergifteten Wilderer kürzlich mehr als 300 Elefanten mit Zyanid, berichtet der  Telegrah. Es ist das größte Massaker an Elefanten seit 25 Jahren. Damit erreicht die Profitgier der Wilderer ein neues Ausmaß. Die Zustände in den Nationalparks sind zum Teil bürgerkriegsähnlich. Mit Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen versuchen die Wildhüter das Geschäft zu unterbinden. Doch gegen die bis an die Zähne bewaffneten Wilderer sind die jungen, oft schlecht ausgerüsteten Wildhüter meist chancenlos.

Hauptabnehmer China, Vietnam, Jemen

Der illegale Handel mit Nashorn, Elfenbein und anderen Produkten geschützter Tierarten rangiert auf Platz vier der lukrativsten Verbrechen der Welt, gleich hinter Waffen-, Drogen-, und Menschenhandel. Er boomt seit sechs Jahren. Ein Auslöser für die erhöhte Nachfrage beispielsweise in Vietnam soll ein hoher vietnamesischer Regierungsbeamter gewesen sein, der behauptete, seine Krebserkrankung mit dem Pulver aus Horn geheilt zu haben. “Genauso gut könnte man Fingernägel kauen”, sagt Sylvia Ratzlaff vom WWF. Denn Horn besteht aus Keratin, Hauptbestandteil von Haaren und Fingernägeln. Die mit Abstand meisten Abnehmer findet das graue Gold Afrikas auf den Märkten Chinas, Vietnams und zunehmend im Jemen. In einigen Kulturen gilt das Horn eines Rhinozeros als Statussymbol. Andernorts wird es pulverisiert als Wundermittel gegen Krankheiten gepriesen.

Terroristen finanzieren sich mit Tiermord

Aber auch Rebellengruppen machen verstärkt Jagd auf die Dickhäuter. Ein Beispiel ist die Sudanesische Volksbefreiungsarmee, die mit Granaten und Panzerfäusten Jagd auf Elefanten machte. Auch die unter Führung von Joseph Kony stehende “Widerstandsarmee des Herrn” aus Uganda, steht im Verdacht mit Elfenbein zu handeln, um so ihre Waffen zu finanzieren. Berittene Dschandschawid, die für den Mord an tausenden Zivilisten im sudanesischen Darfur verantwortlich gemacht werden, erschossen im letzten Jahr in wenigen Wochen 350 der 1500 Elefanten im Kameruner Nationalpark Bouba Ndjida. In Kenia soll die islamistische Al Shabaab-Miliz in das Geschäft verwickelt sein.

Verhaltene Maßnahmen

Die Regierungen der betroffenen Länder reagieren mit unterschiedlichen Maßnahmen. Die Obama-Administration vernichtete am vergangenen Wochenende symbolisch die amerikanischen Lagerbestände an Elfenbein. Auch in vielen afrikanischen Ländern werden immer wieder illegale Tierprodukte verbrannt, um sie dem Markt zu entziehen. Der Erfolg ist allerdings kaum messbar. Pro Tag werden weiterhin zwei bis drei Elefanten und Nashörner getötet. Die Verluste könnten bald nicht mehr durch die Geburtenrate kompensiert werden. Inzwischen hat die US-amerikanische Regierung eine Million Dollar auf die Ergreifung der Händler der illegalen Tierprodukte ausgesetzt. Das Kopfgeld gilt in erster Linie Mitgliedern des sogenannten Xaysavang Netzwerkes, dass von Laos aus operiert.