Mittwoch, 13. Februar 2013

Fairtrade-Rosen in der Kritik



Zum Valentinstag geht es bei vielen Menschen nur um ein Thema: Blumen, Blumen, Blumen. Viele von Ihnen stammen aus Fairem Handel. Der Markt explodiert geradezu. So wurden im vergangenen Jahr nach Angaben von Fairtrade Deutschland 260 Millionen faire Rosen verkauft – die Wachstumsrate lag bei über 200 Prozent. Jede fünfte Rose, die in deutschen Supermärkten verkauft wird, trägt mittlerweile das Fairtrade Logo. Auf den ersten Blick betrachtet also eine große Erfolgsgeschichte. Schaut man genauer hin, bekommt die heile Fairtrade-Welt allerdings einige Risse.

Auch bei Faitrade ist Chemie im Einsatz


Die ZDF-Dokumentation „Grüne Rosen“ vom 10.2.13 (Planet-e) geht auf die Problematik von Pestiziden auf Fairtrade-Rosen ein. Denn obwohl auf Fairtrade-Plantagen deutlich weniger Chemikalien eingesetzt werden, als auf vergleichbaren konventionellen Plantagen, konnte Ökotest in Fairtrade-Rosen aus Kenia verbotene Pestizide nachweisen. Ein ehemaliger kenianischer Blumenarbeiter berichtet in „Grüne Rosen“, dass auf einigen Plantagen Spritzmittel eingesetzt würden, die nicht erlaubt seien. Sie würden nicht im vorgeschriebenen Giftraum aufbewahrt und somit bei Kontrollen nicht entdeckt.

Verbotenes Umetikettieren


Ein weiterer Vorwurf der ZDF-Dokumentation ist Etikettenschwindel. Auf den Fairtrade-Plantagen Kenias erhält jede Rose ein Etikett mit dem Fairtrade-Siegel. Leider bekommen oftmals auch nicht fair produzierte Rosen, die von nicht-zertifizierten Nachbarfarmen aufgekauft werden, ein solches Etikett. Das Umetikettieren ist laut des im Filmbericht interviewten Blumenarbeiters Peter Otieno gängige Praxis, vor allem in Zeiten hohen Bedarfs, wie etwa Valentins- oder Muttertag. Auch dieser Schwindel ist bei Kontrollen nicht ohne Weiteres zu entdecken.

TransFair protestiert


Vorwürfe dieser Art lässt Fairtrade Deutschland nicht gerne auf sich sitzen. In einer offiziellen Stellungnahme heißt es unter anderem: „TransFair hat sofort nach der Kenntnisnahme von diesem Vorwurf unangekündigte Kontrollen veranlasst. Die Überprüfungen am 21.1.2013 haben ergeben, dass geringfügige Fehler bei beigepacktem Schnittgrün nicht aber bei Blumen vorlagen, die sich allerdings  unterhalb einer Fehlerquote von 1% bewegen. Die entsprechenden Farmen wurden zunächst umgehend suspendiert. Nach internen Trainingsmaßnahmen wurde die Suspendierung inzwischen aber wieder aufgehoben.

Brauchen wir jederzeit frische Rosen aus fernen Ländern?


Ganz ausgeblendet bleibt – sowohl in der ZDF-Dokumentation als auch in der Stellungnahme von Fairtrade Deutschland – die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Exportrosen. Mit einem gigantischen Aufwand an Wasser, Pestiziden und Logistik werden Blumen in Kenia, Tansania oder Kolumbien produziert und mehrere Tausend Kilometer nach Deutschland geflogen, damit die Verbraucher jederzeit frische Rosen zur Verfügung haben – ein Luxusgut, von dem nur wenige Menschen profitieren, dessen Nachteile aber viele Menschen bezahlen müssen. Da nutzt es auch nur bedingt, wenn die Rosen über das Fairtrade-Siegel verfügen. Der Fehler liegt im System. Den Bedürfnissen des reichen Teils der Menscheit werden einmal mehr Prioritäten gegenüber ärmerer Bevölkerungsschichten der Erzeugerländer eingeräumt. Die kenianischen Massai, deren Viehherden aufgrund der Blumenplantagen kaum noch Zugang zu Trinkwasser haben, drücken es in dem ZDF-Film wie folgt aus: „Rosen kann man nicht essen!“

Den ZDF-Bericht kann man sich hier anschauen:

Hier die ausführliche Stellungnahme von TransFair (Fairtrade Deutschland):

Fotos: Fairtrade Deutschland, ZDF, Max Havelaar CH